Festival du Court Métrage 2018

Puh, was für eine krasse Woche! Das zweitgrößte Filmfest Frankreichs (nach Cannes) fand die gesamte vergangene Woche hier in Clermont-Ferrand statt. Da es sich um Kurzfilme handelt, wurden sie in zweistündige Blöcke eingeteilt, die in allen möglichen Gebäuden, die eine Leinwand besitzen, gespielt wurden. Dementsprechend war auch viel los in der Stadt, es wurden extra Buslinien eingeführt und Marvin und ich saßen letztes Wochenende drei Stunde daran, unseren Plan zu erstellen. Dabei waren wir schon sehr selektiv, da wir ja immer noch Uni und Arbeit hatten und Marvin wenig Französisch spricht. Ich weiß nicht, wie wir uns jemals entschieden hätten, wenn diese Einschränkungen weggefallen wären – die Auswahl war einfach gigantisch.

Wir kauften uns jeweils ein 15-er Ticket und stellten dann fest, dass es bedeutete, wir würden innerhalb von einer Woche 30 Stunden im Kino verbringen. Aber gut, warum auch nicht? Die Woche wurde zwar verdammt intensiv, aber immerhin auch ein ziemlich einzigartiges Erlebnis. Wir beschränkten uns darauf, die Filme im Maison de la Culture zu sehen, da sie dort mit englischen Untertiteln gezeigt wurden. Aus den Kategorien „International films“ und „French films“ sahen wir besonders viel, aber gegen Ende der Woche setzten wir uns auch in einen Block mit experimentellen Filmen sowie einen Block mit kulinarischen Filmen der Kategorie „Miam“.

Am Mittwoch, Tag 5 dieses kleinen Abenteuers, hatte ich meinen persönlichen kleinen Tiefpunkt, da wir beinahe jeden Tag vier Stunden im Kino saßen (und jeden Tag eine Stunde früher dort waren um noch einen Platz zu ergattern), und es langsam anstrengend wurde. Marvin erreichte sein Tief am Donnerstag. Wir versuchten uns gegenseitig zu motivieren. Zudem führten wir eine kleine Liste, auf der wir alle Kurzfilme auf einer Skala von 1-10 bewerteten, und auch unsere Bewertung wurde gefühlt von Film zu Film strenger. Irgendwann begeisterte keine Idee mehr so schnell, keine Umsetzung war mehr clever genug und es musste schon etwas ziemlich geniales kommen, um noch Eindruck zu schinden. Trotzdem zogen wir es durch und trotz aller kleinen Zweifel, ob wir nicht doch einen Film mal ausfallen lassen sollten, hat es sich gelohnt, „durchzuhalten“. Einfach wegen der Erfahrung und natürlich, weil uns viele der Filme bereichert und manche sogar inspiriert haben. Außerdem: wer kann schon behaupten, 75 Filme in einer Woche gesehen zu haben?

Einige sind natürlich besonders im Gedächtnis geblieben und da ich sie persönlich sehr empfehlenswert finde, wollte ich sie hier nicht ungenannt lassen. Deswegen hier eine Liste meiner Top 10:

  1. Haut (Nancy Camaldo)
  2. Bye bye les puceaux (Pierre Boulanger)
  3. La nuit je mens (Aurélia Morali)
  4. Counterfeit Kunkoo (Reema Sengupta)
  5. One Small Step (Aqsa Altaf)
  6. Junk Love (Jonathan Rochart)
  7. Roméo (Manuel Schapira)
  8. J’attends Jupiter (Agathe Riedinger)
  9. Un homme mon fils (Florent Gouelou)
  10. Kimse eliminate tutmasin (Cenk Erturk)

Der größte Film-Marathon unseres Lebens war also ein voller Erfolg und wird für uns eine besondere Erinnerung bleiben. Ich bin nicht traurig darüber, dass jetzt wieder ein ruhigerer Alltag einkehrt aber die Erfahrung des Kurzfilmfests in Clermont-Ferrand kann ich wirklich jedem ans Herz legen, der gerne gute Filme schaut und gerade diese Stadt besucht. Es lohnt sich auf jeden Fall.

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Fête des Lumières in Lyon 2017

Lyon war jahrelang die Stadt meiner Träume. Ich kann gar nicht genau sagen, wieso, aber meine Idee von der Stadt hat mir immer sehr gefallen: die Größe, der französische Flair, das Kontinentale. Auch das „Fête des Lumières“ war ein Ereignis, das ich jahrelang auf meiner mentalen Bucketlist hatte. Und dieses Jahr habe ich mir diesen Wunsch erfüllt! Jana und ich machten uns gestern früh mit einem BlaBlaCar auf den Weg in die Stadt, die etwa zwei Stunden von Clermont-Ferrand entfernt ist. Dort angekommen frühstücken wir erstmal gemütlich und machten uns anschließend auf den Weg in das Stadtviertel Croix-Rousse, in dem weder Jana noch ich schon waren. Es ist ein eher alternatives Viertel mit vielen gemütlichen Cafés und süßen Läden, und nachdem wir es nach einem längeren Spaziergang und vielen, vielen Treppen gefunden hatten, verbrachten wir eine sehr schöne Zeit dort. Ohne Stress schlenderten wir durch die Straßen, unterhielten uns gut über alles mögliche, stöberten in kleinen Buchläden und wärmten uns schließlich mit einem Tee und einem leckeren Stück Karotten-Kuchen in einem Café auf. Draußen wurde es zunehmend kälter und wir wunderten uns, dass die Lichtershow erst 20 Uhr beginnen sollte, obwohl es schon viel früher dunkel wurde. Die Stadt ist jedenfalls wunderschön und ich freue mich darauf, vielleicht im Frühling öfter einen Abstecher dahin zu machen.

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Es wurde dunkel und wir liefen zurück zum Place Bellecour, dem Zentrum der Stadt. Wir waren noch mit Aziyadé und ihrem Freund verabredet, aber die beiden waren gerade erst losgefahren, also beschlossen wir, noch zum Weihnachtsmarkt zu laufen und uns dort umzuschauen. Die Straßen waren zunehmend voller geworden, und als wir am Weihnachtsmarkt beim Bahnhof Perrache ankamen, steckten wir in einer dichten Menschenmenge fest und konnten uns nur sehr, sehr langsam vorwärts bewegen. Jana erzählte mir, dass sie neulich auf einem Weihnachstmarkt „aligot“ gegessen hatte, eine Art Kartoffelpüree mit Käse, die wohl sehr lecker war. Als wir es wenig später an einem Stand entdeckten, teilten wir uns spontan eine Portion. Das Essen hat eine sehr interessante Konsistenz, es ist eine gummiartige und zähe, gelbe Masse, aber es schmeckte tatsächlich ziemlich gut. Dann trafen wir uns mit Aziyadé, ihrer Mutter, und ihrem Freund; drei Freundinnen von Aziyadé stießen auch noch dazu. Es war so schön, dass sie sich so gut in der Stadt auskennen und eine genaue Route überlegt hatten, um möglichst viele Lichtervorführungen an dem Abend zu sehen. Jana und ich konnten uns einfach leiten lassen und den Abend genießen.

Hier die anfänglichen Eindrücke der Stadt im Dunkeln:

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„Aligot“: zähe Masse aus Kartoffelpüree und Käse.

Und dann ging es richtig los mit den magischen Lichtern und der Musik!

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Ganz Lyon schien in den Straßen zu sein, die gesamte Stadt feierte und bestaunte die Schönheit der Farben und Lichtspiele, überall gab es etwas zu sehen. Gegen halb eins waren wir schließlich bei Aziyadé zu Hause, voller Eindrücke der letzten Stunden, unsere Fotoapparate gefüllt mit bunten Fotos. Insgesamt war es ein wunderschöner Tag, trotz der eisigen Kälte und der unglaublichen Menschenmengen. Es freut mich auch, dass Menschen nach wie vor Interesse haben an solchen kulturellen Veranstaltungen und alle gemeinsam die Lichtershow friedlich genießen konnten.

Ich bin seit einigen Stunden wieder zu Hause in Clermont-Ferrand und widme mich nun wieder dem Lernen, da die nächsten zwei Wochen jede Menge Prüfungen anstehen. Allerdings habe ich es sehr genossen, mit so tollen Menschen kurz aus dem Alltag auszubrechen, zusammen etwas Schönes anzuschauen und einfach Spaß am Entdecken zu haben.