Ferienwoche I: Warschau

Irgendwie verrückt, dass meine gesamte Familie mütterlicherseits in einem anderen Land lebt als ich – während ich in Deutschland lebe und gerade mein Auslandsjahr in Frankreich mache, leben sie in Polen. Dort habe ich auch die meisten Sommerferien meines Lebens verbracht, nach meinem Abi ein Jahr dort gelebt und es kommt einem undefinierbaren Gefühl von „Heimat“ sehr nah – auch wenn ich mir ein Leben dort nicht mehr vorstellen kann. Ja, es ist eher ein Gefühl von: Hier bin ich dauerhaft Kind, wobei ich zu jedem Besuch ein kleines Stückchen mehr als Erwachsene wahrgenommen werde. Es ist auch die Tatsache, wie viel Wert auf Wärme, Zusammenhalt und Zuneigung gelegt wird, die diesen Ort so besonders für mich macht. Ich fühle mich wohl in den Straßen Warschaus, in der winzigen, vertrauten Wohnung meiner Großeltern aus der man den Kulturpalast sieht, und ich verbringe gerne Zeit mit meiner Mama, die ich seltener sehe als es mir lieb ist. Ich freue mich schon, wenn ich am Flughafen polnische Stimmen höre und weiß, dass ich ein bisschen dazugehöre, aber eben nur ab und zu.

Vorgestern bin ich zwar schon wieder weitergereist, nach Erlangen, aber die zehn Tage in Polen vereinten unter anderem: Zeit mit meiner Familie, Theater, Essen gehen, Kino, einkaufen, Buchläden besuchen, mit meiner Mama zu ihrem Karatetraining gehen, polnisches Essen essen, Polnisch sprechen, baden (endlich wieder eine Badewanne!), lesen und einfach mal entspannen. Ich habe es sehr genossen und hoffe, so bald wie möglich wieder dort zu sein.

Nächsten Sonntag schreibe ich einen neuen Brief an Erlangen, und danach beginnt auch schon der Endspurt meines Auslandsjahres in Frankreich!

Merveilleux Marseille

Samstagnachmittag kamen wir an im regnerischen Marseille. Unsere Unterkunft war glücklicherweise nur zehn Minuten zu Fuß vom Bahnhof entfernt und uns fiel sofort die Großstadtatmosphäre auf, die sich stark von der Entspanntheit in Montpellier unterscheidet. Marseille ist die drittgrößte Stadt Frankreichs und besitzt zugleich die höchste Kriminalitätsrate.

Angekommen im airbnb beschlossen wir, aufgrund des Regens erst am nächsten Tag mit unserem „Programm“ loszulegen und verließen das Haus nur noch, um einzukaufen und etwas zu essen.

Am Sonntag machten wir einen Spaziergang zum Hafen „Vieux Port“ und von dort in das Panier Viertel. Dafür, dass es im Internet so stark empfohlen wurde fanden wir es gar nicht so besonders, aber vielleicht lag das auch nur am Wetter. Es war bewölkt und etwas grau. Später ließ sich glücklicherweise doch noch die Sonne blicken.

Dann machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof und von dort in die kleine Universitätsstadt Aix-en-Provence, dessen Einwohnerzahl ungefähr der von Clermont-Ferrand entspricht. Zunächst hatten wir ein kleines Problem bei der Hinfahrt, da unser Zug uns zu einem Bahnhof außerhalb der Stadt führte und wir von dort noch einen Bus nehmen mussten. Wir hatten uns auch schon gewundert, warum die Fahrt scheinbar nur 12 Minuten dauern sollte, zum gleichen Preis wie der 40-Minuten-Zug! Im Nachhinein ist man immer schlauer.

Obwohl Sonntag war, hatten fast alle Läden geöffnet. Wir aßen im Burger-Restaurant „Five Guys“ zu Mittag (ich wollte den Hype verstehen, den dieses Lokal weltweit genießt – war dafür aber etwas enttäuscht) und genossen die Sonne, die sich hinter keinen Wolken mehr versteckte und die Stadt in schöne Farben tauchte. Aix-en-Provence ist wirklich süß und einfach angenehm. Die Straßen sind schön und es gibt ein gemütliches Café nach dem anderen. Fast packte mich ein bisschen der Neid, nicht dort studieren zu dürfen.

Am Montag hatte Marvin Geburtstag und wir verbrachten den Tag damit, Marseille noch ein wenig zu erkunden. Wir besuchten den Cours Julien mit seinen zahlreichen Graffiti, liefen dann zum Palais Longchamps, der wirklich eindrucksvoll ist, und als wir nichts geeignetes zum Mittagessen fanden kehrten wir zurück in die Unterkunft und machten schnelle Nudeln mit Pesto. Wenig später machten wir uns auch schon wieder los und erwischten zufälligerweise den letzten Bus, der bis ganz nach oben zur Kathedrale Notre-Dame-de-la-Garde fuhr.

Der Ausblick über die Stadt war atemberaubend und wir erwischten sogar noch die letzten Minuten des Sonnenuntergangs. Und das beste war wohl: wir waren komplett alleine. Zugegeben, es war eiskalt und wir froren ziemlich aber dafür hatten wir die Aussicht exklusiv für uns und beobachteten, wie Dunkelheit einbrach und die Lichter der Häuser angingen. Trotz der Kälte war es ein wundervolles Erlebnis und ein schönes Geburtstagsschauspiel.

Wenige Minuten von dort befand sich auch das libanesische Restaurant, in dem wir einen Tisch reserviert hatten. Wir bestellten ein super leckeres Essen und hatten einen wundervollen restlichen Abend.

Am nächsten Tag hieß es bereits: Zeug packen und aus dem airbnb auschecken. Da wir noch fast vier Stunden hatten bis unser Bus fuhr, setzten wir uns in das vegetarische/vegane Café „L’écomotive“ in der Nähe vom Bahnhof, das übrigens sehr zu empfehlen ist. Zu Mittag holten wir uns noch jeweils einen Döner und liefen dann zum Busbahnhof, wo wir auf den Bus warteten. Und warteten. Und warteten. 

Ein Mitarbeiter von Flixbus erklärte uns, dass er auch keine genaueren Infos habe bezüglich des aktuellen Standortes des Busses. Es waren knapp unter Null Grad, wir froren und warteten ungeduldig auf neue Infos. Irgendwann nahm ich die Sache selbst in die Hand und rief bei Flixbus an, allerdings hatten wir bereits fast zwei Stunden in der Kälte gestanden ehe wir erfuhren, dass der Bus abgesagt wurde und unsere einzige Alternative war, mit einem um 23:55 zu fahren. Nach Toulouse. Um von dort am nächsten Morgen nach Clermont-Ferrand weiterzufahren und 14:50 dort anzukommen. Großartig. Marvin würde also einen Arbeitstag verpassen und ich könnte nicht in die Uni gehen. Und wir mussten noch unerwartete acht Stunden in der Stadt verbringen, ohne Unterkunft, dafür aber mit einem riesigen Koffer. Das beste, das uns einfiel, war uns erstmal wieder in das „L’Écomotive“ Café zu setzen, da wir unsere Finger und Zehen vor Kälte mittlerweile nicht mehr spüren konnten. Dort bestellten wir zwei Tees, hatten aber nur eine Stunde Zeit da es um 19 Uhr bereits schloss. Unsere nächste Idee war ein Einkaufszentrum in der Nähe des Hafens, in dem wir uns an Strom-Fahrräder setzten, an denen man durch das Strampeln eigenen Strom für seine elektronischen Geräte generieren kann. Kurz vor 20 Uhr kam ein Sicherheitswächter auf uns zu und meinte, dass das Zentrum schließe. Widerwillig begaben wir uns wieder in die eisige Kälte, die von Stunde zu Stunde schlimmer wurde, und hörten noch den Wächter hinter uns der uns zurief, wir sollten uns nicht allzu lange in der Gegend aufhalten. Wie beruhigend!

Was jetzt? Wir waren uns einig, dass wir uns nicht allzu weit vom Bahnhof entfernen wollten, da wir nicht mitten in der Nacht noch durch die Straßen laufen wollten, die in der Dunkelheit ein wenig bedrohlich und finster wirkten. Also setzten wir uns in den Dönerladen, bei dem wir zuvor zu Mittag gegessen hatten. Der hatte immerhin bis 22 Uhr geöffnet. Irgendwie bekamen wir die Zeit rum und konnten die Absurdität dieser Situation immer noch nicht fassen. Die letzten zwei Stunden verbrachten wir schließlich bei McDonald’s am Bahnhof. Da wir uns Obdachlosen näher fühlten als jemals zuvor, kauften wir einem, der an einem der Tische schlief, eine Mahlzeit und einen heißen Tee.

Der Bus kam. Die einzigen freien Plätze, die wir noch ergattern konnten, waren hinter einem alten Ehepaar, die in der ersten Reihe saßen und ihre Sitze so sehr zurückgelehnt hatten, dass sie beinahe waagerecht lagen. Ich bat die Frau höflich, die Sitze ein wenig vorzurücken damit wir uns hinsetzen könnten. Ihr Mann und sie rutschten einen gefühlten Millimeter vor und wenig später hörte ich, wie die Frau sich ihrem Mann gegenüber über die Einschränkung beschwerte. Wir hatten kaum Platz während Madame und Monsieur gemütlich ihre Beine ausstreckten. In einer Zwischenpause, in der beide den Bus verließen, rückten wir den Sitz des Mannes ein wenig vor. Zunächst merkte er es nicht, dann aber versuchte er bis zur Ankunft kontinuierlich, seinen Sitz mit vollem Schwung wieder nach hinten zu klappen und haute dabei jedes Mal an Marvins Knie. Als Marvin das Paar darauf aufmerksam machte, waren sie eingeschnappt und maulten uns wütend an. Unfassbar.

Dementsprechend nicht im geringsten erholt stiegen wir in Toulouse aus und begaben uns in das erstbeste Café, da uns die eisige Kälte sofort wieder ins Gesicht schlug. Drei Stunden mussten wir immerhin noch rumkriegen. Wir fühlten uns müde und gereizt und schenkten einem weiteren Obdachlosen eine Banane. Eine sehr ernüchternde Erkenntnis zu sehen, wie so viele Menschen (auffällig viele in Südfrankreich!) auf der Straße leben, sich auf kein warmes Bett in naher Zukunft freuen können und deutlich dürftiger eingekleidet waren als wir. Noch nie hat mich diese Erkenntnis so stark getroffen wie während dieser Reise, als wir selbst so viele Stunden in der Kälte standen.

Um neun Uhr standen wir schließlich wieder am Busbahnhof und warteten auf den Bus nach Hause. Mittlerweile schneite es heftig und wir hofften, ihn jeden Moment um die Ecke kommen zu sehen da unsere Gliedmaßen wieder eingefroren waren. Wir warteten. Und warteten. Und warteten. 

Einige Telefonate mit Flixbus später und zum zweiten Mal stellte heraus, dass auch dieser Bus abgesagt wurde. Bis diese Info bekannt wurde, sprach ich am Telefon mit zahlreichen Mitarbeitern des Unternehmens, die keinen blassen Schimmer hatten, wo sich der Bus gerade befand oder was mit ihm geschehen würde. Ich habe schon lange nicht mehr so eine schlechte Kommunikation erlebt. Jedenfalls wurde uns, ohne Witz, vorgeschlagen, bis zum Abend zu warten und dann einen Bus nach Bordeaux (!) zu nehmen, um dann mitten in der Nacht aus Bordeaux nach Clermont-Ferrand zu fahren, wo wir um 4 Uhr früh eintreffen würden. Zwei Tage später als geplant also. Glücklicherweise fanden wir über BlaBlaCar eine Mitfahrgelegenheit, die um 13 Uhr abfuhr. In der Zwischenzeit setzten wir uns zu Starbucks und waren dankbar dafür, dass wir trotz nerviger Wartezeiten die finanziellen Mittel hatten, um uns ins Warme zu setzen.

Kurz vor 13 Uhr warteten wir am Treffpunkt. Der Fahrer kam nicht, ging aber zum Glück ans Telefon als ich anrief und meinte, er wäre fast da. Ich erwähnte unseren großen Koffer. Er schien ein wenig irritiert und wir hofften nur, dass sein Kofferraum groß genug war. Wir warteten noch locker eine halbe Stunde und dachten zwischenzeitlich, der Mann wäre einfach ohne uns gefahren. Viele Nerven und zwei oder drei weitere Telefonate später trafen wir ihn ein paar Straßen weiter, da er aufgrund von Baustellen nicht zum ausgemachten Treffpunkt fahren konnte.

Die Fahrt verlief glücklicherweise unproblematisch. Marvin und ich nickten beide weg und genossen die Wärme. Irgendwann sprach uns der Fahrer auf die Müdigkeit an und ich sagte, dass wir die letzte Nacht nicht geschlafen hatten.
„Ah, wart ihr feiern?“ fragte er.
Eher das Gegenteil. Wir erzählten die Geschichte der letzten 24 Stunden und es tat irgendwie gut, dieses verrückte Abenteuer mit jemandem zu teilen.

Trotz unserer Müdigkeit hatten wir riesigen Hunger, da wir den gesamten Tag jeweils nur ein kleines Gebäckstück und einen halben Muffin gegessen hatten. Wir kauften also noch ein und machten zu Hause ein schnelles Curry. Es tat unfassbar gut, etwas warmes zu essen und anschließend zu duschen. Wir drehten alle Heizungen auf und merkten, wie unsere Knochen auftauten.

Insgesamt hatten wir also einen sehr gelungenen und erholsamen Kurzurlaub in Südfrankreich und eine schreckliche Rückfahrt. Flixbus ist übrigens auch per E-Mail vollkommen unkooperativ und hat uns lediglich die Kosten für das BlaBlaCar erstattet, sowie eine Entschädigung von zehn Euro pro Person angeboten, die die Ausgaben der Mahlzeiten decken soll. Auf allen anderen Ausgaben, dem Busticket und den restlichen Kosten für Essen und Trinken, bleiben wir also sitzen.

Magnifique Montpellier

Ab in den Süden! Im Rahmen von Marvins Geburtstag fuhren wir in meiner Ferienwoche nach Montpellier und Marseille. Diesen Sonntag erzähle ich ein bisschen über die zwei Tage in Montpellier, nächste Woche folgen unsere Abenteuer aus Marseille (die vor allem gegen Ende sehr turbulent wurden).

Montpellier. Die Stadt mit circa 260.000 Einwohnern hat einen ganz besonderen Flair und wir fühlten uns auf Anhieb wohl, als wir am Busbahnhof ankamen, auf eine der bunten Straßenbahnen warteten und schließlich die sonnige Innenstadt erreichten. Den restlichen ersten Tag widmeten wir dem Sightseeing: nach einem Mittagessen in einem veganen Restaurant, das uns leider überhaupt nicht überzeugte, schlenderten wir durch die Gassen. Wir besuchten den Place de la Comédie, Place de la Canourgue, die Arc de Triomphe, Promenade du Peyrou und den Jardin des plantes. Es war ein entspannter Spaziergang und ich weiß noch, dass wir die Unbeschwertheit genossen und sehr viel gelacht haben. So sehr, dass sich ein paar Fußgänger zu uns umdrehten und eine Frau sogar verstohlen ein Foto von uns knipste.

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DHL auch in Süfrankreich unterwegs!

Am Abend kauften wir bei dem Lidl in der Nähe unseres airbnb etwas zum Frühstück und holten uns Pizza zum Abendessen. Ein entspannter Abschluss eines wundervollen Tages.

Der zweite Tag war mindestens genauso schön. Wir starteten gemütlich in den Morgen und beschlossen spontan, einen Ausflug ans Meer zu machen. Mit Straßenbahnen und Bussen dauerte es eine gute Stunde, aber auch die Fahrt hatte etwas. Wir waren beide in etwas vertieft, ich in den unglaublich erschütternden Bericht eines Nordkorea-Flüchtlings „A River in Darkness“ von Masaji Ishikawa.

Den Strand hatten wir größtenteils für uns. Die Sonne schien aber es war ziemlich kalt. Wir spazierten am Wasser entlang, genossen das Rauschen der Wellen und fühlten uns erholt. Wir konnten beide den Stress des Alltags ausschalten und im wahrsten Sinne des Wortes durchatmen und den Moment genießen. Ein sehr schönes Gefühl.

Bei Sonnenuntergang fuhren wir wieder zurück, hielten aber auf dem Weg zur Unterkunft noch am Place de la Comédie an um etwas zum Abendessen einzukaufen und die Stadt bei Dunkelheit zu fotografieren. Montpellier hat uns gefallen und ist auf jeden Fall einen Besuch wert.

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Berlin, Toulouse, Marvin

First things first: Frohes neues Jahr!

Ich habe turbulente Tage hinter mir. Nach Silvester in Leipzig, fuhren mein Freund Marvin und ich am 2. Januar nach Berlin, wo wir einen absolut wunderschönen Tag verbrachten, indem wir gute fünf Stunden im riesigen Buchladen „Dussmann“ in Büchern stöberten. Marvin ist glücklicherweise ungefähr genauso buchaffin wie ich und es fiel uns beiden schwer, den Laden am Abend zu verlassen. Leider hatten wir beide schon Koffer, die zu platzen drohten, sodass wir nichts mehr mitnehmen konnten, aber die Zeit dort war sehr, sehr erfüllend. Etwas anderes hätte mich auch gewundert – Bücher und mein Lieblingsmensch sind nun mal die beste Kombination!

Am nächsten Tag flogen wir in der früh nach Toulouse. Der Flug in die Stadt war zum Zeitpunkt unserer Buchung der günstigste und wir freuten uns, wieder einen neuen Ort zu entdecken, auch wenn wir uns gleichzeitig schon ein bisschen den Tagen entgegensehnten, an denen wir nicht mehr entweder fremdbestimmt oder unterwegs sein würden. Unser Gepäck brachten wir in unser dortiges airbnb und erkundeten die nächsten Stunden die Stadt, die wirklich einiges zu bieten hat. Den Tag bei 16 Grad zu verbringen, anstatt im kühlen Deutschland, hatte durchaus seinen Reiz, wir ließen es uns gut gehen indem wir argentinisch essen gingen, dabei einen typischen Mate-Tee tranken und später die eine oder andere Sehenswürdigkeit abklapperten. Am Abend bestellten wir Pizza und aßen sie im airbnb, während wir dazu unsere geliebte Serie MasterChef schauten und den Tag ausklingen ließen. Es war auch das erste Mal seit einiger Zeit, dass wir uns keinen Wecker für den nächsten Tag stellen mussten – unsere Mitfahrgelegenheit nach Clermont-Ferrand fuhr erst am Nachmittag.

So, und jetzt zu der Neuigkeit: die Fernbeziehung ist vorbei. Vorerst. Marvin ist für drei Monate zu mir nach Clermont-Ferrand gezogen und seit Donnerstagabend sind wir nun hier. Es stand zwar schon sehr lange fest, aber ich wollte es trotzdem erst hier erwähnen, wenn es auch wirklich soweit ist. Und jetzt haben wir es geschafft!
Die Wohnung ist groß genug für uns beide, er wird von hier aus arbeiten und ich werde in die Uni gehen. Wir werden ab jetzt wieder zusammen einkaufen, zusammen kochen, Filme schauen und einfach unseren Alltag miteinander verbringen, diesmal auf französischem Boden. Ehrlich gesagt fühlt es sich an, als wären wir nie getrennt gewesen, aber dennoch ist es jetzt ja das erste „offizielle“ Zusammenwohnen. Das alleine Wohnen war zwar auch eine sehr schöne Erfahrung, aber mit Marvin bei mir fühlt es sich nicht mehr an, als würde etwas fehlen. Ich nehme mir auch fest vor, soziale Gelegenheiten nicht zu vernachlässigen. Mir ist bewusst, dass es oft verlockender ist, doch lieber zu Hause zu bleiben, da man sich gegenseitig hat. Aber aus der Zeit in Frankreich lässt sich auf alle Fälle noch einiges machen.

Und wie geht es nun weiter? Sieben Prüfungen hatte ich noch vor Weihnachten und zwei stehen in den kommenden zwei Wochen noch an. In der freien Zeit, die mir bevorsteht, habe ich vor, sehr viel zu lesen und zu schreiben. Ich freue mich darauf!

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Fête des Lumières in Lyon 2017

Lyon war jahrelang die Stadt meiner Träume. Ich kann gar nicht genau sagen, wieso, aber meine Idee von der Stadt hat mir immer sehr gefallen: die Größe, der französische Flair, das Kontinentale. Auch das „Fête des Lumières“ war ein Ereignis, das ich jahrelang auf meiner mentalen Bucketlist hatte. Und dieses Jahr habe ich mir diesen Wunsch erfüllt! Jana und ich machten uns gestern früh mit einem BlaBlaCar auf den Weg in die Stadt, die etwa zwei Stunden von Clermont-Ferrand entfernt ist. Dort angekommen frühstücken wir erstmal gemütlich und machten uns anschließend auf den Weg in das Stadtviertel Croix-Rousse, in dem weder Jana noch ich schon waren. Es ist ein eher alternatives Viertel mit vielen gemütlichen Cafés und süßen Läden, und nachdem wir es nach einem längeren Spaziergang und vielen, vielen Treppen gefunden hatten, verbrachten wir eine sehr schöne Zeit dort. Ohne Stress schlenderten wir durch die Straßen, unterhielten uns gut über alles mögliche, stöberten in kleinen Buchläden und wärmten uns schließlich mit einem Tee und einem leckeren Stück Karotten-Kuchen in einem Café auf. Draußen wurde es zunehmend kälter und wir wunderten uns, dass die Lichtershow erst 20 Uhr beginnen sollte, obwohl es schon viel früher dunkel wurde. Die Stadt ist jedenfalls wunderschön und ich freue mich darauf, vielleicht im Frühling öfter einen Abstecher dahin zu machen.

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Es wurde dunkel und wir liefen zurück zum Place Bellecour, dem Zentrum der Stadt. Wir waren noch mit Aziyadé und ihrem Freund verabredet, aber die beiden waren gerade erst losgefahren, also beschlossen wir, noch zum Weihnachtsmarkt zu laufen und uns dort umzuschauen. Die Straßen waren zunehmend voller geworden, und als wir am Weihnachtsmarkt beim Bahnhof Perrache ankamen, steckten wir in einer dichten Menschenmenge fest und konnten uns nur sehr, sehr langsam vorwärts bewegen. Jana erzählte mir, dass sie neulich auf einem Weihnachstmarkt „aligot“ gegessen hatte, eine Art Kartoffelpüree mit Käse, die wohl sehr lecker war. Als wir es wenig später an einem Stand entdeckten, teilten wir uns spontan eine Portion. Das Essen hat eine sehr interessante Konsistenz, es ist eine gummiartige und zähe, gelbe Masse, aber es schmeckte tatsächlich ziemlich gut. Dann trafen wir uns mit Aziyadé, ihrer Mutter, und ihrem Freund; drei Freundinnen von Aziyadé stießen auch noch dazu. Es war so schön, dass sie sich so gut in der Stadt auskennen und eine genaue Route überlegt hatten, um möglichst viele Lichtervorführungen an dem Abend zu sehen. Jana und ich konnten uns einfach leiten lassen und den Abend genießen.

Hier die anfänglichen Eindrücke der Stadt im Dunkeln:

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„Aligot“: zähe Masse aus Kartoffelpüree und Käse.

Und dann ging es richtig los mit den magischen Lichtern und der Musik!

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Ganz Lyon schien in den Straßen zu sein, die gesamte Stadt feierte und bestaunte die Schönheit der Farben und Lichtspiele, überall gab es etwas zu sehen. Gegen halb eins waren wir schließlich bei Aziyadé zu Hause, voller Eindrücke der letzten Stunden, unsere Fotoapparate gefüllt mit bunten Fotos. Insgesamt war es ein wunderschöner Tag, trotz der eisigen Kälte und der unglaublichen Menschenmengen. Es freut mich auch, dass Menschen nach wie vor Interesse haben an solchen kulturellen Veranstaltungen und alle gemeinsam die Lichtershow friedlich genießen konnten.

Ich bin seit einigen Stunden wieder zu Hause in Clermont-Ferrand und widme mich nun wieder dem Lernen, da die nächsten zwei Wochen jede Menge Prüfungen anstehen. Allerdings habe ich es sehr genossen, mit so tollen Menschen kurz aus dem Alltag auszubrechen, zusammen etwas Schönes anzuschauen und einfach Spaß am Entdecken zu haben.